suspekte dokumentationen | Christine Meisner | 2004
Thema: Ansicht mit Beteiligten und Entfernten
Einen Ort und sein Ereignis aufzeichnen, heißt sich verschiedenen Aneignungsmethoden auszuliefern. Kontext, Geschichte, die Wahl des Mediums, der Standpunkt des Betrachters konditionieren das, was das Aufzuzeichnende uns reflektiert.
Die Darstellung der Identität eines Ortes und seiner Geschichte ist von der Positionierung und Interpretation dieser Begriffe abhängig.
Künstlerische Praktiken des Dokumentarischen, der ”Aufzeichung von Welt” oder der Darstellung von Relationen werfen die Frage auf, wo die Grenzen zwischen Dokumentation und Kunst liegen. In wieweit kann Kunst Wahrheit produzieren?
Im Vorgang jedes Aufzeichnens wird eine Wirklichkeit eigener Art geschaffen.
Jedoch nicht die Erschaffung neuer Tatsachen, sondern vielmehr die Darstellung der Dimension, das Evozieren eines Gefühls für ein Ereignis und damit vielleicht dem Eigentlichen näher zu sein als das bloße Abbild, stehen im Mittelpunkt künstlerischen Arbeitens. Dabei geht es um mehr als nur die Frage, ob die Dinge in Form zu bringen seien oder in einer simplen Aufzeichnung aufscheinen.
Kunst kann das Ungedachte, das Ungesehene einer Geschichte aufdecken, die Frage, was das Abgebildete von Innen ist, untersuchen. Indem sie sich beispielsweise von der reinen Dokumentation hin zu einer Rätselhaftigkeit entfernt, die ein Geheimnis offen läßt und zugibt, daß es etwas gibt, das nicht dargestellt werden kann.
Nehmen wir Architektur als Setting eines historischen Ereignisses. Wenn man etwas aus der Dimension dieser Geschichte und ihren präzisen Ort rekonstruieren will, muß man den Standpunkt der Betrachtung im gleichen Maße untersuchen, wie den Kontext der Zeit. Wie stellt man ein historisches Ereignis mit seinem verknüpften Ort dar, ohne zu dokumentieren? Wie öffnet man eine Geschichte, aus der man eigentlich ausgeschlossen ist? Wie denkt man über einen Ort nach, zu dem man sich räumlich begeben hat und von dem man gleichzeitig ganz weit entfernt ist?
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Arbeiten:
- Neda Afazel (PDF, 264 kb)
- Doris Ossberger (PDF, 11.2 Mb)
- Itai Margula (PDF, 580 kb)
- Marko Jell-Paradeiser (PDF, 1 Mb)
- Ute Petrisch (PDF, 796 kb)