Methoden der Implementierung | 2008
Geschichtliches
Spittelberg (gif, 2,456 KB)
Bierhaeuselmenscher (gif, 2,964 KB)
seidenbaendchen (gif, 1,581 KB)
Die Zunftzeichen für Prostitution waren z.B. Seidenbändchen an den Fenstern, in der Farbe Gelb. Oft lehnten sich die Frauen minder bekleidet aus dem Fenster. Daraus resultierte ein Verbot der Vermietung von Gassenlokalen an Prostituierte.
Scheingeschaeft (gif, 5,633 KB)
Kupplerinnen waren Frauen, die mit Frauen handelten, z.B. in der Bischhofgasse im 1. Bezirk. Viele betrieben ein Bordell unter dem Deckmäntelchen einer Blumenmacherin, d.h. man mietete sich z.B. am Getreidemarkt, in der Volksgarten,- Bellaria- oder Nibelungenstra?e ein Scheingeschäft neben der wirklichen Profession.
Schlapfenpromenaden (gif, 4,938 KB)
Die Basteien waren im 17. und 18. Jahrhundert die Wälle rund um den heutigen 1. Bezirk. Sie hatten einen gewissen Ruf erworben und wurden zum In-Treff des eleganten Wiens. In den Alleen vor den Basteien der Stadt, den sogenannten Schlapfenpromenaden, fand man Vorstadtprostituierte. Prostituierte, die "Schnepfen" genannt wurden, arbeiteten auch in Bädern, Wirtshäusern und Wiesen des Umlandes.
Porzellanfuhre (gif, 3,218 KB)
Sogar in Fiakern konnte man(n) sich früher mit Prostituierten vergnügen. Es waren Bilder im Umlauf, die verschiedene Stellungen zeigten, die man in den engen Coupés einnehmen konnte. Mit dem Stichwort "Porzellanfuhre" wusste der Kutscher Bescheid und wählte eine möglichst kurvenarme Strecke mit wenigen Erschütterungen.
Sicht auf Prostitution ist immer eine Sicht von außen und von oben.
Brigitte Rath
Während unserer Recherche zum Thema Prostitution im alten Wien fiel uns auf, dass die Geschichte der Prostitution heute sehr einseitig dargestellt wird. Die Geschehnisse werden in Form von netten Anekdoten überliefert und es mangelt an einer kritischen, tiefgründigen Auseinandersetzung mit dem Thema. Im vorgefundenen historischen Material fließt viel Erfindung und Phantasie des Autors ein, weshalb eine differenzierte Darstellung schwierig wird. Weiters muss beachtet werden, dass Frauen als VerfasserInnen von Literatur bis zum zweiten Weltkrieg nicht akzeptiert wurden. Daher gibt es heute hauptsächlich eine überlieferung von Berichten und Darstellungen, die von Männern verfasst wurden. Die Stimmen der Frauen wurden nicht gehört und sind heute vergessen.
Seit dem Mittelalter wurde Prostitution als notwendiges übel betrachtet, welches dazu diente eine klare Trennung von sittlich und sittenlos zu gewährleisten. Prostitution war ein wichtiges Instrument zur Disziplinierung aller Frauen. Es wurden ihnen so die Konsequenzen von Missachtung bürgerlicher Konvention vor Augen geführt. Dennoch wurden sämtliche Frauenhäuser in städtische Randlagen verbannt, da man der Ansicht war, eine direkte Konfrontation mit dem unehrbaren Verhalten der Prostituierten würde Frauen und Kindern schaden.
Erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann man mit der wissenschaftlichen Behandlung der Prostitution, die nun als gesellschaftliches Problem gesehen wurde. Aufgrund von hygienischen Problemen befassten sich anfangs vor allem ärzte mit den Folgen der Prostitution. Gleichzeitig entstand auch die Frage nach der moralischen Vereinbarkeit mit gesellschaftlichen Werten. An den Diskussionen nahmen ausschließlich Männer teil. Erst mit dem Beginn der Frauenbewegungen mischten sich Frauen (ungefragt) in die Debatten ein. Die Meinungen der Prostituierten wurden als unwichtig abgetan. Während der Prostitutionsforschung wurde die moralische Ebene nicht verlassen, sie diente als Schutzschild.
Rege Diskussion und großes Interesse hielten sich bis zum Ersten Weltkrieg und setzten sich erst wieder um 1970 fort
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Michaelerplatz
Zu römischen Zeiten stand auf dem Boden der heutigen Wiener Innenstadt das Militärlager Vindobona. Im Bereich des Michaelerplatzes befand sich die Vorstadt zum Lager. Ein Teil der alten Gemäuer wurde als Lupinarium , also als römisches Bordell identifiziert, welches vor allem von durchreisenden Legionären besucht wurde. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurden "unzüchtige Weibspersonen" zunehmend geächtet. Kaiser Maximilian I. untersagte es den "sündhaften" Damen ihr Gewerbe auszuüben und ließ sämtliche Bordelle schlie?en. Es wurde ein Verzeichnis "etlicher verdächtiger und leichtfertiger örter" in Wien herausgegeben. Michaelerplatz und Michaelerkirche waren für Männer beliebte Orte um Prostituierte zu treffen.
Graben Ende des 18. Jhd. war der Graben- oder Schnepfenstrich hoch im Kurs. Schon um 1700 gab es die sogenannten Grabennymphen" am Graben und in seinen Nebengassen. Anfang des 20. Jahrhunderts blieb der Graben- und Kohlmarktstrich die exklusive Gegend für Prostituierte. Auch viele Studenten zählten zum Klientel der Grabennymphen.
Tiefer Graben 1395 gab es ein Bordell in der Nähe des Tiefen Grabens und zwei weitere au?erhalb der Stadt um den Naschmarkt (das vordere Frauenhaus und das hintere Frauenhaus beim Burgtor). Allseits beliebt waren zu dieser Zeit auch die Badehäuser (z.B. Neubadgasse und Irisgasse . In Wien gab es bis ins Spätmittelalter 21 Badestuben - diese dienten nicht nur der Körperpflege, sondern waren auch Schauplatz wahrer Orgien. Ende des 15. Jahrhunderts wurden aufgrund einer sich ausbreitenden Syphilisepidemie viele Badehäuser geschlossen. Zu dieser Zeit wurden auch die ersten Kondome zum Schutz vor Krankheiten entwickelt. Es gab Exemplare aus Leinen, Leder, Fischblasen und sogar aus gehämmertem Gold.
Hotel Orient Am Beginn des 20. Jahrhunderts etablierten sich zahlreiche Stundenhotels, unter anderem das Hotel Orient am Tiefen Graben, das bis heute betrieben wird.
Fiaker Sogar in Fiakern konnte man(n) sich früher mit Prostituierten vergnügen. Es waren Bilder im Umlauf, die verschiedene Stellungen zeigten, die man in den engen Coup`"s einnehmen konnte. Mit dem Stichwort "Porzellanfuhre" wusste der Kutscher Bescheid und wählte eine möglichst kurvenarme Strecke mit wenigen Erschütterungen.
Versuche, die Prostitution in Wien komplett zu verbieten, gab es unter Kaiserin Maria Theresia. Bei den sogenannten Temesvarer Wasserschüben wurden die "leichten Mädchen" gemeinsam mit anderen "Asozialen" auf Schiffen in den Banat deportiert. Die Prostitution konnte durch diese Maßnahme aber nicht eingedämmt werden. Daraufhin setzte sich in österreich beim Umgang mit der Prostitution ein Regulationsprinzip durch - sie wurde als notwendiges übel toleriert und unter staatliche Kontrolle gestellt. Seit 1873 gibt es in Wien Gesundheitspässe für Prostituierte.
Spittelberg Im kaiserlichen Wien des 18. Jahrhunderts war der Spittelberg, hinter der Stadtmauer gelegen, wegen seiner "leichten Mädchen" und "schweren Jungs" berüchtigt. Es gab etwa 60 Spelunken, in denen sich Frauen verkauften. Jedes Wirtshaus war ein Bordell. Am beliebtesten war die "Hollerstaude im Fleischhackergässchen, welches heute nicht mehr existiert, außerdem auch Lokale in der Breitegasse und Burggasse. Nach 1810 wurde es ruhiger am Spittelberg, das Geschäft verlagerte sich in andere Bezirke (z.B: in das Sperl im 2. Bezirk).
Bierhäuselmenscher oder Spittelbergnimpfen nannten die WienerInnen die Prostituierten aus der Vorstadt. Um 1820 gab es in Wien schätzungsweise 20.000 "Freudenmädchen", eine hohe Zahl bezogen auf die Einwohnerzahl.
Grabennymphen und Bierhäuselmenscher
Die große Mehrheit der Prostituierten ließ sich in zwei Klassen einteilen: zum einen Mädchen aus verarmten Offiziers- und Beamtenfamilien oder ehemalige Stubenmädchen und "Küchentrabanten", "Wäschermädeln", "Wollschlägerinnen" und Fabrikarbeiterinnen.
Putzmacherinnen oder Putzschneiderinnen, die sogenannten "bewussten Demoiselles" mieteten sich Wohnungen zu ebener Erde.
Der Kaffeehausstrich war um 1830 in Wien etabliert, ca. 70 Lokale standen zur Auswahl (z.B das Kaffeehaus auf der Burgbastei, neben dem Volksgarten oder das Paradeisgartl).
Sogenannte "Tanzdirnen" verdienten in Lokalen ihr Geld (z.B. an der Gumpendorfer Linie).
Die oberste Klasse der Prostituierten bildeten die Maitressen der Hocharistokraten, offiziell meist Tänzerinnen oder Schauspielerinnen.
Nach 1900
Am Beginn unseres Jahrhunderts begannen Frauen um ihre Rechte zu kämpfen. Durch die österreichische Scheinmoral wurde die Wiedereinführung von Bordellen verhindert, Geheimprostitution und Geheimbordelle waren aber gang und gäbe.
Die bestehenden Freudenhäuser hielten sich bis in die 20er Jahre (zb Windhaagßscheen Stiftungshaus in der Bäckerstraße Nr. 9).
Während des ersten Weltkriegs wurden an den Fronten Bordelle eingerichtet, sie waren geteilt in Mannschafts- und Offiziersbordelle.
Zwischenkriegszeit
Das NS Regime verfrachtete Prostituierte in Konzentrationslager. In der Nachkriegszeit waren alte Strichhochburgen wie die Kärntnerstraße mit ihren Nebengassen wieder aktuell. Nach den Weltkriegen trieb Armut und Elend viele Frauen in die Prostitution.
Nach 1950 veränderte sich durch den Autoverkehr die Situation. Bis in die 60er Jahre prominierten viele Prostituierte in der Kärntnerstraße und am Kohlmarkt, jedoch verlagerte sich der Strich an die großen Wiener Durchzugsstraßen wie den Gürtel und die Felberstraße.
Auf den westlichen Abschnitten des Gürtels entwickelte sich die Bordellmeile Wiens.
Erst 1992, durch die Einführung der Bannmeile, änderte sich einiges. Die Prostituierten wurden von der verkehrsträchtigen Stra?e durch ein neues Gesetz, vertrieben.
Literaturverzeichnis
Jusek, Karin J.: Auf der Suche nach der Verlorenen. Die Prostitutionsdebatten im Wien der Jahrhundertwende. Wien: Löcker, 1994
Jusek, Karin J.: Die Grenzen weiblichen Begehrens. Beiträge österreichischen Feministinnen zur Sexualdebatte in Wien der Jahrhundertwende. Wien: Böhlau 1993
Mauthner-Weber, Susanne: Venuswege: Ein erotischer Führer durch das alte Wien. Promedia, 1998.
Oberzill, Gerhard H.: Die bewussten Demoiselles. Glanz und Elend der leichten Mädchen in alter Zeit. Wien 1984
Rath, Brigitte: Solche Frauenpersonen. Prostitution in Graz im 19. Und 20. Jahrhundert. IN: Unterholzer, Carmen/ et al. (Hg.): über den Dächern von Graz ist Liesl wahrhaftig. Wien: Wien Frauenverlag, 1996, S. 122-141
Rath, Brigitte: Prostitution und Spätmittelalterliche Gesellschaft im österreichisch-süddeutschen Raum. Verlag der österreichischen Akademien der Wissenschaften, Wien 1986