Architekt Ernst Hiesmayr starb im Alter von 80 Jahren.
Vergangenen Sonntag ist der große österreichische Architekt Ernst Hiesmayr in Vorarlberg gestorben. Er zählte zu den herausragenden Persönlichkeiten einer Generation, deren Weg zur Architektur durch die europäischen Verwerfungen im 20. Jahrhundert alles andere als leicht und direkt war. Geboren und aufgewachsen in Innsbruck als Sohn eines Polizeibeamten, verlor er früh den Vater, werkte bereits mit 14 Jahren auf Baustellen, erarbeitete sich aber zugleich die Matura an der Gewerbeschule.
Man schrieb 1938: es folgten ein Jahr Arbeitsdienst, dann die Einziehung zur Wehrmacht und fünf Jahre Kriegsteilnahme. Am Ende, wieder einmal verwundet, gelangte er mit Glück in ein Innsbrucker Lazarett.
Bald beginnt er an der Technischen Hochschule in Graz Architektur zu studieren. Als wichtigster Lehrer gilt ihm der Architektur-Humanist Friedrich Zotter. 1948 macht er sein Diplom und nimmt mit Otto Gruber sofort an allen greifbaren Wettbewerben teil. Schon beim ersten, für das Kurhaus Gmunden, gelingt ein Ankauf. 1949 folgt ein 1. Preis für die Schule in Vorkloster, und mit einem eleganten, auch international registrierten Projekt für den Wiener Süd-Ostbahnhof erreichen sie den 2. Preis. Orientierten sich seine ersten Entwürfe noch an Tiroler Vorbildfiguren wie Lois Welzenbacher, blickte er bald über die Grenzen und rezipierte früh die Arbeiten von Le Corbusier, Egon Eiermann oder der Schweizer Nachkriegsmoderne. Hiesmayrs Fähigkeit, organisatorische Klarheit im Grundriss mit volumetrisch kraftvollen Setzungen zu verbinden, zeigten sich am leider stark veränderten WIFI in Linz.
Auch kleine Aufgaben löste er mit größter Sorgfalt, wovon mehrere Einfamilienhäuser, aber auch das Ateliergebäude an der Eroicagasse zeugen. Mit der Realisierung der Niklaszeche in Purbach leistete er Pionierarbeit zur Pflege ländlicher Kulturgüter. Zu seinem Hauptwerk wurde jedoch das Wiener Juridicum. In diesem Universitätsgebäude verdichten sich ordnende und konstruktive Intelligenz. Als Lehrer an der Technischen Universität Wien zeigt sich heute sein Vermächtnis in einer großen Zahl von namhaften Schülern. Als sich Hiesmayr vor wenigen Wochen im Kreise ehemaliger Mitarbeiter und Freunde nicht ohne Bitterkeit von Wien verabschiedete, dachte keiner, dass es für immer sein würde.
Quelle:
Zschokke, Walter: „Nachruf: Konstruktive Intelligenz“ http://www.diepresse.at/home/kultur/news/91567/index.do, Zugriff 05.06.07, 15:15 Uhr