Architekt Ernst Hiesmayr gestorben

Der Tiroler Architekt Ernst Hiesmayr, der vor allem für das von ihm entworfene "Juridicum" der Uni Wien bekannt ist, ist am Sonntag 86-jährig in Bregenz verstorben. Einen entsprechenden Bericht der Tageszeitung "Die Presse" bestätigte sein Sohn gegenüber der APA. "So wie das Wesen dieses Mannes: großzügig, einfach, ohne Mätzchen und grundgescheit", hat der Architekt Clemens Holzmeister einmal die Bauten seines Kollegen Ernst Hiesmayr charakterisiert. Der gebürtige Tiroler hat sich in seiner Arbeit stets an der Natur in ihrer Evolution orientiert.

Freier Architekt in Tirol, Vorarlberg und Wien
Hiesmayr wurde am 11. Juli 1920 in Innsbruck geboren. Schon während seiner Mittelschulzeit arbeitete er auf Baustellen mit. Von 1945 bis 1948 studierte er Architektur an der Technischen Hochschule Graz, wo sein Lehrer Friedrich Zotter ihn für den Beruf "als Magier verzaubert" und "ethisch berührt" hat, wie Hiesmayr in seiner Publikation "Analytische Bausteine" beschrieb.

Dergestalt präpariert, arbeitete er anschließend als freier Architekt in Tirol, Vorarlberg und Wien. Schon früh erregte er mit seiner Arbeit Aufmerksamkeit: 1948 nahm er mit Otto Gruber an mehreren Wettbewerben teil, bereits beim ersten - für das Kurhaus Gmunden - gelang ein Ankauf. 1967 promovierte Hiesmayr an der Technischen Hochschule in Wien.

Lehre und Ausbildung
Bereits ein Jahr später wurde er zum ordentlichen Professor für Entwerfen und Vorstand des Instituts für Hochbau an der Technischen Hochschule Wien berufen, 1973 zum Dekan der Fakultät für Bauingenieurswesen und Architektur. Von 1975 bis 1977 war er Rektor der Technischen Universität (TU) Wien und setzte sich in dieser Funktion für eine zweckmäßige und praxisbezogene Architekten-Ausbildung ein. "Die jungen Leute sollen ein einfaches Raumgefüge kennen und schätzen lernen", lautete sein pädagogisches Credo.

Stadtplanung und Wohnbau
Und für sein eigenes Schaffen: "Ähnlich wie die Natur Arten und Wesen generiert, entwickle ich architektonische Typen zu individueller, standortbezogener Ausformung". Neben öffentlichen Bauten wie der Heilig-Kreuz-Kirche im oberösterreichischen Langholzfeld beschäftigte Hiesmayr sich auch mit Stadtplanung und Wohnbau. Weiters zählen einige Einfamilienhäuser, die Niklaszeche in Purbach sowie das Ateliergebäude an der Eroicagasse in Wien zu seinem Schaffen.

In den vergangenen Jahren hat Hiesmayr eine Reihe von Büchern veröffentlicht, darunter "Einfache Häuser" (1991), "Das Karge als Inspiration" (1991) und 1999 "Analytische Bausteine", in dem sein Lebenslauf und Lebenswerk dokumentiert ist.


Zahlreiche Auszeichnungen
Ausgezeichnet wurde Hiesmayr, der 1990 emeritierte, 1976 mit dem Preis der Stadt Wien für Architektur, 1978 mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 1980 mit dem Europäischen Stahlpreis und 1999 mit der Goldmedaille der Universität für Musik und darstellende Kunst.

1988 wurde dem Architekten die Würde eines Ehrensenators der Uni Wien verliehen, seit 1994 war er Mitglied der Akademie der Künste Berlin, seit 1999 Ehrenmitglied des Bundes Deutscher Architekten.

"Bauen auch Suche nach Wahrheit"
Mit Bedauern ist in Peking der Tod des österreichischen Architekten Ernst Hiesmayr aufgenommen worden. Kunststaatssekretär Franz Morak (ÖVP) und der Architekt Hans Hollein, die Dienstagvormittag die Ausstellung "Sculptural Architecture" im National Art Museum Of China eröffnet haben, bezeichneten Hiesmayr als wichtige Person in der heimischen Architekturszene.

Hiesmayr habe als "ebenfalls einer der älteren Generation eine progressive Position" bekleidet und mit dem Wiener Juridicum "eine der wenigen modernen Bauten für die Innere Stadt" errichtet, betonte Hollein gegenüber der APA.

Für Morak war Hiesmayr ein "stiller, großer, geerdeter und wahrhaftiger Architekt, dem Bauen auch Suche nach Wahrheit war". Er habe seinen Studenten die "Harmonie von Kunst und Technik" gelehrt und mit seinem "sanften Naturalreduktionismus" nachfolgende Generationen inspiriert.

Mehr zu "Sculptural Architecture" in oe1.ORF.at

Buch-Tipps
Ernst Hiesmayr, "Analytische Bausteine", Löcker Verlag, ISBN 3854093225

Ernst Hiesmayr, "Das Karge als Inspiration. Castilla elemental", Löcker Verlag, ISBN 3854091974

Ernst Hiesmayr, "Juridicum Wien", Löcker Verlag, ISBN 3854092016

Quelle:
Kultur,09:59;Di, 08.08.2006 ; Architektur
Online-Redaktion Ö1: „Architekt Ernst Hiesmayr gestorben“
http://oe1.orf.at/inforadio/66953.html?filter=5 , Zugriff 05.06.07, 14:07 Uhr