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konzeptuelle Fotografie | Otto Mitmannsgruber | 2007


Der zwölfstündige Vorlesungsblock zum Thema Konzeptuelle Fotografie im März und April wurde um einige Arbeiten von Douglas Huebler und John Hilliard erweitert, wobei die fotografisch-künstlerische Haltung durch ein möglichst umfassendes Screening der vorliegenden Arbeiten dargestellt werden sollte - und dies schloss die Entwicklung des fotografischen Werkes, bzw. Brüche damit über einen längeren Zeitraum mit ein. Der Auflistung von vielen unterschiedlichen Positionen wurde aufgrund der beschränkten Zeit also der Nachrang gegeben - zugunsten einer längeren und genaueren Differenzierung von Einzel-Positionen, die für die Entwicklung der Konzeptfotografie als wichtig erachtet werden.

Im Praxisteil wurde das Arbeiten mit der Mittelformatkamera und der Blitzlicht-Anlage im Innenraum geübt.

Die Übungsaufgabe für dieses Semester war eine ortsbezogene: Schwerpunkt der fotografischen Auseinandersetzung sollte der Hannovermarkt sein - ein Marktgebiet im 20. Bezirk von Wien, dessen jetzige Erscheinung auf Baumaßnahmen in den 50er Jahren zurückgeht. Der H-Markt liegt stadtgeografisch an einer Bruchstelle: hier endet Bausubstanz aus der Jahrhundertwende und führt in Wohnblockeinheiten und Gewerbezonen über, die zumeist erst später errichtet wurden. Die eher für Wien breiten Straßen und das Nebeneinander von Bausubstanz aus den 50er Jahren und der Zinshausperiode erzeugen ein Stadtbild mit östlichen Erinnerungspotential.

Bewohnt wird das Viertel rund um den Hannovermarkt von großteils slawisch- und türkischstämmigen Menschen, die in den 80er und 90er Jahren wegen der günstigen Mietpreise hierhergezogen sind. Die Geschäfte und Lokale sind von deren Kultur geprägt, und noch in einer großen Dichte finden sich Fleischhauer, Frisöre, Schneider, Kleidungsgeschäfte, Waren aller Art usw. rund um den Markt wieder. Eher selten trifft man deshalb auf typische Wiener Institutionen, wie Cafehäuser, Wirtshäuser - Szenelokale gibt es überhaupt nicht.

Ein Fotograf stellt in dieser Umgebung einen Fremdkörper dar - weswegen die Auseinandersetzung mit den Menschen als eine der möglichen Vorgangsweisen, sich dem fotografischen Gegenstand anzunähern, in Betracht gezogen werden muss. Ausserdem ist die Grundhaltung mancher Menschen hier "fotofeindlich" - und wer mit einer Kamera auftaucht, wird mit abweisenden Blicken bedacht. Diese Umstände machen den Ort und seine Menschen zu einem schwierigen Fall für die Kamera - und dies sollte einen Anreiz, bzw. eine Notwendigkeit darstellen, sich grundsätzliche Überlegungen zur Causa zu machen. Ein gewichtiges Element der Konzeptfotografie ist ja die Kritik am "authentischen" Bild, die wohl einmal kunsthistorische Wurzeln hat, aber auch Distanz zur realitätsbildenden Foto-Technik zum Ausdruck bringt. Im Vordergrund sollte also nicht das bloße Abbilden stehen (Reportage, Dokumentation), sondern die Hereinnahme von fotografischen Kontexten und Diskursen, die den Dialog mit dem Ort belegen.

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Arbeiten:

- Anna Crebelli
- Chiara Kielland
- Elena Kristofor / Thomas Kwapil
- Gül Cakar / Boran Biriz
- Johannes Braumann
- Judith Haas
- Michael Bbachhofer
- Lisa Maslowski
- Laura Orelma
- Michal Hapod
- Moritz Resl
- Paul Sommersguter
- Simona Reisch
- Stephan Pircher / Sibylle Kössler
- Verena Mühlberger